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Dient die Queen als Ikone?

Claudia Brasse • 7. September 2024

Ich kann wirklich nicht behaupten, dass ich als Teenager für Starkult anfällig gewesen wäre. Ich bin es heute noch nicht. Genauso habe ich keinen besonderen Bezug zur Monarchie.

Allerdings erinnern mich die Klatsch und Tratsch Geschichten an meine Oma, die "Frau im Spiegel" las - ich kam nicht umhin, einiges mitzubekommen und so war ich in den 80er Jahren doch recht gut im Bilde über die europäischen Königshäuser, ihre Lieben und Skandale. Einen Prinz heiraten zu wollen kam mir jedoch nie in den Sinn. Vielleicht war ich damals schon zu realistisch. Und heute sieht man ja auch, was man davon hat!


Ich finde es allerdings faszinierend, wie präsent Königsfamilien noch immer in den Medien sind.

Der Todestag von Queen Elisabeth II. jährt sich am 8. September zum zweiten Mal. Ich kann mich noch erinnern, dass man dieses "Ereignis" kaum verpassen konnte. Was mich in den Tagen der Medienerstattung um ihren bevorstehenden Tod und danach besonders berührt hat, waren Bilder von ihr, die sie verletztlich gezeigt haben. Plötzlich sah ich viele Aufnahmen von Momenten, die geradezu privat schienen, in denen sie menschlicher wirkte als in den sonst repräsentativen Situationen.


Ich bin dem nachgegangen, fand sie plötzlich interessant als Motiv.

Dabei habe ich einiges heraus gefunden, das du vielleicht noch nicht über die Queen gewusst hast...und doch interessant finden könntest!


Die roten Lippen der Queen

Obwohl ich sonst nicht oft Portraits bekannter Personen male, habe ich nun eins von der Queen gemalt.

Ihre Beerdigung war ein öffentliches Ereignis und man konnte es nicht nicht mitbekommen. Bilder fluteten die Medien. Bilder sind meine Nahrung und so sauge ich sie auf auf der Suche nach etwas besonderem, etwas, das mich innehalten lässt und wo ich zweimal hinschaue. So wanderten ein zwei Bilder in meinen Vorlagenfundus. Ein Jahr später gab es einen Anlass und die Zeit war reif für mich für ein Portrait der Queen. 


Dieses eine Foto hatte mich nicht losgelassen und ich wollte gern die Atmosphäre und ihre Ausstrahlung einfangen. Das Originalfoto war eher blass, fast farblos - bis auf die roten Lippen. Als ich eingeladen wurde, mich zur Ausstellung "Rot im Quadrat" zu bewerben, wollte ich dies als Thema aufgreifen.


Typischerweise findest du wenig rot in meinen Bildern. Das ist mir selbst erst nach einer ganzen Weile aufgefallen. Heute kann ich genau erklären, wie ich meine Farben wähle und die Farb-Stimmungen in meinen Bildern entstehen. Ich habe darüber im Blogartikel "Die Abwesenheit von Rot" geschrieben.


 Der Lippenstift der Queen - ein geniales Werkzeug

Ich dachte: 'gibt es Näherliegendes als das Bild nach dem Lippenstift zu benennen? - Bestimmt hat sie eine Lieblingsmarke und -farbe'. Ich dachte an so etwas wie Chanel No 5 nur eben für Lippenstifte.  Tatsächlich bin ich da nicht fündig geworden. Aber - nicht überraschend - sie hatte nicht DEN einen Lippenstiftsondern - im Gegenteil - die Farbe war stets auf das Outfit abgestimmt.


Allerdings bin ich auf eine andere interessante Sache gestoßen, die ihrem Lippenstift eine ganz besondere Bedeutung gibt.


Die Queen besaß die außerordentliche Fähigkeit, sich die Lippen blind nachzuziehen. Sie nutzte diese Fähigkeit und setzte sie gezielt als Kommunikationsmittel ein. So konnte sie ihren Begleitern unauffällig ein Signal senden: Wenn sie sich nicht mehr gut unterhalten fühlte und gehen wollte, zückte sie den Lippenstift und zog sich die Lippen nach. Genial, oder?


Sie hatte ein paar weitere solcher Tricks auf Lager. Ihre Handtasche spielte dabei ebenfalls eine wichtige Rolle. Einmal zog sie daraus sogar ein Marmeladenbrot hervor. Kennst du das Paddington-Video? Selbstironie konnte sie auch. Very British. Wenn du Paddington nicht kennst, ist es vielleicht nicht so lustig. Ansonsten kannst du zweieinhalb kurzweilige Minuten hier verbringen. (Aber komm hierher zurück und lies weiter, bitte.)

 

Mit allem Respekt

Gleichzeitig war Queen Elisabeth II. quasi sowas wie ein Fossil. Obwohl vermutlich sehr gegenwärtig, wirkte sie immer ein wenig aus der Zeit gefallen, konservativ sowieso. Vielleicht unterschätzt.

 

Natürlich verstehe ich mein Bild als eine Form der Anerkennung für Ihre Lebensleistung, ihr Standing und ihre würdevolle Haltung. Ich kann nur vermuten, dass sie durchaus politisch ein sparrings partner für die diversen weltlichen Staatslenker ihrer Zeit gewesen ist.


Das Portrait der Queen zu malen, war auf mehrere Arten herausfordernd.

Die Queen kennt jeder. Und jeder erkennt, wenn was nicht stimmt, wenn es nicht ähnlich ist oder nicht mal erkennbar.


Wichtiger noch als die präzise Darstellung ihrer Gesichtszüge ist mir jedoch, wie in jedem Portrait, einen besonderen Moment zu erfassen. Ich wollte diesen ganz feinen Gesichtsausdruck einfangen, der mich so fasziniert und angezogen hat. Auf 40x40 cm muss man da an manchen Stellen sehr genau sein. Gleichzeitig sollte das Bild malerisch frei wirken. Und lebendig.


Auf keinen Fall wollte ich sie beleidigen. Ich wähle in der Regel nicht-naturalistische Farben für meine Portraits. Hier verwendete ich vor allem blau und violett und viel weiß. Dennoch sollte es würdevoll bleiben. Und eben auch meins.


Ich male kein Bild vom Bild. Malerei schafft Ebenen, die eine Fotografie nicht haben kann. In vielen Schichten finden sich Emotionen, Stimmungen, Verbindungen, Gedanken. Ein gemaltes Portrait ist eine Begegnung. Ich verbringe viel Zeit mit der Vorlage und gedanklich mit der abgebildeten Person und mit meiner Darstellung. Der Betrachter schaut mein Bild vielleicht eine Millisekunde an, vielleicht erfasst ihn aber auch ein Zauber, der sehr lange anhalten kann...



Portrait der Queen, Ölmalerei, sie hat die Augen geschlossen, wirkt versunken

Trotzdem ich das Bild letztlich "Blaues Blut" genannt habe, geht dieses Portrait für mich über ihre Rolle und die Insignien hinaus und zeigt sie als Mensch. Was empfindest Du beim Betrachten des Bildes? Welche Fragen stellt es dir?


Dient die Queen als Ikone? Ist sie ein Star? Ist sie Kult?

Ganz anders als Popstars oder Politiker, die Kultstatus erlangen, ist die Queen berühmt. Für mich war sie einfach immer da. Sie ist gewissermaßen die Repräsentantin der gesamten königlichen Dynastien gewesen. Ich frage mich, ob sie schon ikonischen Status hat oder posthum noch erlangen wird. Wird sie wohl von berühmten Künstlern geehrt. Vermutlich nicht durch bloße Vervielfältigung ihres Portraits, wie ich es hier spaßeshalber einmal ausprobiert habe. Aber vielleicht in der Popart?


Verkörpert sie Werte, die wir völlig unabhängig von der Beurteilung des Sinns oder Unsinns von monarchischen Strukturen in den heutigen Zeiten allgemein anerkennen und weitertragen wollen?

Vermutlich sieht das jemand von "der Insel" nochmal ganz anders als ein Mitteleuropäer. Neugierig darauf wäre ich schon. Wenn du also einmal darüber philosophieren möchtest oder eine Meinung hast, teile sie gern mit mir und schreib mir:  claudia.brasse@labor-der-malerin.de


 

Fazit:

Mich interessiert das Gesicht hinter dem Gesicht - Kult oder nicht. Mich interessiert die Person. Wofür sie steht. Was sie für mich bedeutet.


Berühmt oder unbekannt spielt dabei gar keine Rolle. Auch für mich darf ein Gesicht eine Projektionsfläche sein, wenn ich zum Beispiel die Person nicht kenne und nichts über sie weiß. Beim live Zeichnen spielt die Ausstrahlung eine große Rolle und ich versuche, den Moment zu erfassen. Das Gesicht und der Mensch bleiben meine liebsten "Studienobjekte" und Motive.

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