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Malen mit Kaffee: eine unpopuläre Maltechnik – aus gutem Grund! Sechs Nachteile und ein Weg, wie es doch geht

Claudia Brasse • 1. Oktober 2023
Kaffeetasse

Kaffee ist ein ganz besonderes Gebräu. Ich kann es mir einfach nicht abgewöhnen. Gerade am Morgen ist ein Kaffee mein Elixier und ein Ritual, 

mit dem ich gern in den Tag starte. 


Und ich liebe das schöne Braun und möchte es gern in meinen Bildern verwenden. Der Gedanke, mit natürlichen Materialien zu malen, fasziniert mich außerdem. Warum also nicht mit Kaffee malen? Ich verrate dir sechs Nachteile, die ein Grund dafür sein können, dass es nicht so populär ist und einen Weg wie es doch gehen kann. 

But first: coffee!

Warum nicht mit Kaffee malen?

Als ich mit dem Malen begann, wollte ich alles, was mir an Materialien in die Finger kam auf Papier und Leinwand bringen. Ich war begeistert von abstrakter Malerei mit Strukturen und rauen Oberflächen, von intensiv farbigen Pigmenten und Kontrasten zu Lasuren, Zartheit und zeichnerischen, linearen Elementen. Ich habe die Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler studiert, die ich mir zum Vorbild nehmen wollte und Kurse bei ihnen besucht.


So begann ich nach Sand auch mit Marmormehl und Champagnerkreide zu experimentieren, mit Farbpigmenten und Pasten, und mit Baumaterialien wie Bitumen, Spachtelmassen und verschiedenen Bindern und Klebern. Dabei lernte ich viel von den Lehrenden und durch Versuch und Irrtum und entwickelte meine Vorlieben.


Doch immer, wenn ich in den Kursen nach der Verarbeitung von Kaffee fragte, erhielt ich ausweichende Antworten. Niemand von den Profis schien wirklich meine Begeisterung zu teilen.

Ich liebte den Farbton von Kaffee, dieses satte warme braun. Die Vorstellung, mit natürlichen Materialien zu arbeiten, faszinierte mich und ich war der Meinung, dass alles, was Flecken macht, auch zum Malen benutzt werden kann.

Alles, was Flecken macht, kann auch zum Malen benutzt werden.

Hat nicht schließlich auch Udo Lindenberg eine erfolgreiche zweite Karriere begonnen mit dem Malen seiner Likörelle?!

Sechs Nachteile beim Malen mit Kaffee

Ich hätte stutzig werden können, dass sich Kaffee nicht häufiger in den Arbeiten derer fand, die sehr frei mit den Materialien umgehen. Ich bekam zwar hier und da ein paar Tipps, aber keine Ermunterung. Ich blieb also im Wesentlichen meinen eigenen Erfahrungen überlassen und so begann ich zu experimentieren.


Diese drei Methoden habe ich ausprobiert, um Kaffee zum Malen zu verwenden:

  • Kaffeeaufguss durch Aufbrühen nach einer der herkömmlichen Methoden
  • Löslichen Kaffee kalt lösen oder kochen und abkühlen lassen
  • Getrockneten Kaffeesatz als Pulver verwenden


Gemahlenes Kaffeepulver kann man theoretisch auch verwenden. Es wird wie Sand oder Mehl verarbeitet, verliert sich aber im Binder und wirkt dann kaum in seiner Farbigkeit, die deutlich abstumpft. Wenn es ohnehin wieder übermalt wird, kann man auch einen der anderen Füllstoffe verwenden, um Struktur zu erzeugen.



Ich habe also probiert und revidiert, verfeinert und verworfen und dabei die folgenden Lektionen gelernt.

1. Kaffee schlägt immer durch

Ein Kaffeeaufguss, verwendet wie Wasserfarbe oder Aquarell, färbt durch auf die Rückseite. Möchte man mit Kaffeeextrakt auf Papier arbeiten, im Skizzenbuch oder auf losen Blättern, schlägt die Farbe immer durch. Das Papier saugt sich voll mit der Flüssigkeit; die Rückseite ist braun gefärbt und oftmals auch die darunterliegenden Seiten. Auch auf Leinwand schlägt eine Kaffeelösung immer durch auf die Rückseite.




2. Wässrige Kaffeelösungen trocknen langsam

Filterkaffee ist so verdünnt, dass der Kaffee nur schwach färbt. Verwendet man Espresso kann man einen dunkleren Ton erzielen. Die Farbintensität lässt sich erhöhen, indem man mehrere Schichten Lasur übereinander malt. Insgesamt ist mit sehr langen Trocknungszeiten zu rechnen, da das Wasser gut ins Papier einzieht und es durchfeuchtet, anstatt an der Oberfläche aufzutrocknen, wie oft bei Aquarellfarben zu beobachten. Möglicherweise hängt das mit dem folgenden Aspekt zusammen.



3. Aquarellieren mit Kaffee erlaubt keine sauberen Kanten

Offenbar ist die Oberflächenspannung von Kaffee gegenüber Wasser oder einer Pigmentlösung reduziert. Dadurch lässt sich der Verlauf weniger gut kontrollieren. Kaffee fließt mitunter wie er will, wenn man ihn großzügig verwendet. Das Durchfeuchten von Papier, besonders von sehr faserigem Papier, lässt die Ränder der Farbfläche ausfransen. Es bilden sich keine sauber abgegrenzten Wasserflächen, die mit einer klaren Kante auf dem Papier auftrocknen.

Kaffee oder Tee I und II, gemalt mit Kaffee, Mischtechnik auf Leinwand, 50 x50 cm

4. Papier wird durch Malen mit Kaffee stumpf

Ein weiterer Effekt ist, dass das Papier rau wird. Die Fasern stellen sich auf und eine zuvor glatte Papieroberfläche wird stumpf. Dies macht sich besonders bemerkbar, wenn man anschließend mit Bleistift oder Faserstift, auch Feder oder anderen Farblasuren darüber zeichnen oder malen möchte. Die Bleistiftlinie wirkt schwach. Faserstifte gehen schnell kaputt.



5. Kaffee schimmelt

Für mich hat sich bewährt, mit löslichem Kaffee zu arbeiten: die Konzentration und damit die Farbintensität lässt sich gut einstellen und es gibt einen schönen warmen braunen Farbton. Setzt man sich allerdings eine konzentrierte Lösung an und möchte sie aufbewahren für spätere Arbeiten, bildet sich leicht Schimmel auf der Essenz.




6. Kaffeesatz ist sehr körnig

Getrockneter Kaffeesatz kann wie ein Füllstoff verwendet werden. Verklebt man ihn mit Binder, kann man eine körnige, strukturierte Oberfläche schaffen. Dabei bilden sich kleine Klumpen, die von Binder (z.B. Leim, Kleister, Acrylbinder) umschlossen werden und auf der Oberfläche, beispielsweise der Leinwand, festgeklebt werden. Durch die Klumpen bildet sich dabei keine geschlossene Materialfläche aus und die Leinwand scheint durch. Die Klumpen haben nur eine geringe Kontaktfläche mit dem Untergrund und haften oftmals nicht sehr gut und können wieder abfallen.

Blätter I bis IV gemalt mit Kaffee, Mischtechnik auf Leiwand, 40 x 40 cm; Blätter auf Papier, 20 x 20 cm

Fazit: Mit Kaffee malen? Kann man machen, muss man aber nicht.

Alles in allem waren die Erfahrungen beim Malen mit Kaffee auf unterschiedliche Arten nicht alle positiv und ein bisschen ernüchternd. Vermutlich ist also aus gutem Grund die Technik nicht besonders populär.

Ich verwende ihn trotzdem.


Und andere tun es auch. Ein Künstler, der seinen Weg gefunden hat, mit Kaffee zu malen ist beispielsweise Peer Böhm. Von seinen Arbeiten und meiner Faszination für Maltechnik habe ich hier berichtet.



Malen mit Kaffee – so geht’s

Die Vorstellung, nur mit natürlichen Materialien zu arbeiten, fasziniert mich weiterhin. Allerdings sind die Einsatzmöglichkeiten begrenzt. Für mich eignet sich die lasierende Aquarelltechnik mit Bleistiftskizzen höchstens als letzter Schritt. Zum Einfärben von Papier ist Kaffee nicht so geeignet, da sich die Oberfläche verändert und nicht gut weiterbenutzbar ist, sie wird aufgeraut und stumpf.


Bleistift haftet anders und lässt sich weniger vielseitig einsetzen, Filzstifte gleiten nicht gut und sie werden leichter abgenutzt, der Tintenfluss reduziert. Vermutlich werden die Fasern der Stifte beschädigt und die Poren verstopfen. Für meine Arbeiten auf Leinwand bleibt wässrige Kaffeelösung zu blass.


Für das Malen mit Kaffee muss ich vorläufig feststellen: ohne Chemie geht es nicht.


Ich verwende konzentrierte Aufgüsse von löslichem Kaffee und mische sie mit Acrylbinder. Ich kann dabei die Konzentration gut steuern und eine hohe Farbintensität erzeugen. So setze ich meinen „Acryl-Kaffee“ in meinen Bildern in Mischtechnik ein. Auch dabei ist zu berücksichtigen: Kaffee schlägt durch. Das bedeutet, dass darüber liegende Acrylfarbschichten den Kaffee mitunter durchscheinen lassen und die Farbe auf der Leinwand-Rückseite durchschlägt. Das stört mich allerdings nicht.


Alternativen zu Kaffee

Abgesehen vom Kaffee bietet die Natur jede Menge braune Pigmente, die ich gerne einsetze, und so finden sich auf meiner derzeitigen Lieblingspalette neben Türkis und Grüntönen auch gebrannte Siena, Van Dyck braun, Umbra und Ockerfarben.


Zum Arbeiten auf Papier verwende ich gerne Sepia Tusche oder Umbra gebrannt, und mit Aquarellfarbe lassen sich schöne zarte braune Lasuren erzeugen.

Du malst auch mit Kaffee oder möchtest es jetzt mal probieren? Teile doch gerne Deine Erfahrungen mit mir und schreib mir eine Nachricht. 😊



Meine Farbenliebe motiviert mich, auch abstrakt zu malen und mich ganz auf die Materialien, die Farben und ihre Wirkung sowie die Bildkomposition zu konzentrieren. Unter dieser Überschrift findest du auf meiner Website meine abstrakten Bilder. Dort findest du auch welche mit Kaffee gemalt.



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Ergänzung November 2023:

Ein starker Espresso als Abschluss nach einem guten Menü: Ein Genuss! Das nehmen wir wörtlich und zeigen:


Ausstellung meiner 'Farbenliebe - Kaffeebilder' in der Piemonteca, Overath

Gleich neben meinem Atelier in der Piemonteca kannst du „die pure Lust am Genuss“ erleben.

Die Ausstellung wird am 04.11.2023 im Rahmen der Bergischen Genusstage im Restaurant Piemonteca von Helmut Gote eröffnet: Olper Straße 69 in 51491 Overath.

Anschließend kann sie in Kombination mit einem Restaurantbesuch besichtigt werden oder nach Terminvereinbarung gerne auch mit mir gemeinsam zu den Öffnungszeiten des Restaurants.

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